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Verschlüsselte Botschaften Die Kryptografiedebatte |
Bei der Kryptodebatte ging es um die Frage, ob und in welchem Umfang die Nutzung kryptografischer Verfahren gesetzlich beschränkt werden solle. Diese Frage wurde in vielen demokratischen Industrieländern kontrovers diskutiert. Auch in Deutschland fand eine intensive Auseinandersetzung statt, an der sich die Bundesressorts mit unterschiedlichen Positionen, die Wirtschaft sowie zahlreiche gesellschaftliche Gruppen beteiligten. Es ging also um das Für und Wider einer staatlichen Regelung des Einsatzes von Kryptografie. Die Positionen bestanden in:
War die eine Seite besonders an der erfolgreichen Verfolgung bereits begangener Straftaten interessiert, so kam es der anderen Seite insbesondere auf die Verhütung von Straftaten an. Glaubte man diese Diskussion zu Gunsten der Prävention abgeschlossen, so ist nach den Terrorangriffen von New York und Washington vom 11. September 2001 die alte, längst überwunden geglaubte Debatte über die Reglementierung der Nutzung von Kryptografie wieder in die Schlagzeilen geraten.
Im Vorfeld der Kryptodebatte wurde wiederholt gefordert, die Verwendung von Kryptografie staatlich einzuschränken. In diesem Rahmen wurden bereits detaillierte Überlegungen zu gesetzgeberischen Maßnahmen diskutiert. Da polizeiliche Ermittlungen bereits massiv durch den Einsatz kryptografischer Verfahren behindert worden ist, hegte man die Hoffnung, mit Hilfe einer Reglementierung diesen Formen des Verbrechens besser begegnen zu können.
Da ein totales Kryptoverbot von vornherein keine Chancen beim Bundesverfassungsgericht (und wohl auch keine Mehrheit im Bundestag) gehabt haben dürfte, wurde eine Reglementierung ins Auge gefasst, die im wesentlichen die beiden, hier näher betrachteten, Punkte beinhaltete:
Beim Aufbau des Internets spielten Sicherheitsgesichtspunkt nur eine untergeordnete Rolle, man konzentrierte sich auf die Funktionalität. So ist ein Netzwerk entstanden, in dem die Information offen ausgetauscht werden. Das heißt, jeder den Netzwerkverkehr beobachten. Vergleichbar damit, dass es einem möglich ist alle Telefongespräche der Nachbarschaft abzuhören, sobald man den Hörer abnimmt und eine bestimmte Taste drückt. Wer das Medium Internet benutzt, und das ist praktisch jedermann, kann also nicht davon ausgehen, dass dieses Werkzeug mindestens ebenso sicher funktioniert, wie die klassische "gelbe Post" oder das Telefon. Was bedeuten würde:
Da das Internet in seiner Grundstruktur für die Gewährleistung dieser drei Punkte geben kann, muss sich jeder einzelne Benutzer selbst dazu befähigen die für ihn erforderliche Sicherheit zu erreichen. Das Mittel, dass hierfür zur Verfügung steht, sind Verfahren der Kryptografie, wie sie in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben wurden. (Kryptologie: Verschlüsselte Botschaften) Natürlich stehen sie dadurch auch Elementen zur Verfügung, deren Aktivitäten darauf ausgerichtet sind einzelnen oder der Gemeinschaft zu schaden.
Wenn schon nicht die Nutzung der Kryptografie verhindern, so sollte die Kryptoregulierung dazu dienen, die Erkennung und Aufklärung von Verbrechen zu erleichtern, in dem es den Behörden der Strafverfolgung ermöglicht wird verschlüsselten Datenverkehr "mitzuhören". Leider sind die Möglichkeiten die Kryptoregulierung zu umgehen sehr einfach:
Die Kryptoreglementierung ist also sehr leicht zu umgehen und eine Gefahr der Strafverfolgung ist nur sehr gering, da der Nachweis schwer zu führen ist. Auf der anderen Seite schwächt sie den dringend nötigen Schutz der Kommunikation ehrlicher Unternehmen und Privatleute. Im einzelnen wurden Argumente vor allem zu den folgenden Bereichen genannt:
Am Ende hilft solch eine Kryptoreglementierung genau denen, die sie hätte bekämpfen sollen.
Dass durch eine Reglementierung erhebliche zusätzliche Kosten entstanden wären, liegt auf der Hand. Und dies nicht nur für die Überwachung, sondern auch für die Einrichtung der dazu erforderlichen Infrastruktur, neues Personal müsste die Einhaltung der Verbote überwachen, Institutionen zur Hinterlegung der Schlüssel müssten eingerichtet und geschützt werden. Die hierfür notwendigen Mittel wären anderswo, auch bei der Polizei, sinnvoller einzusetzen.
Im Oktober 1997 verabschiedete das Bundeskabinett den "Fortschrittsbericht der Bundesregierung Info 2000: Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft", der folgende Passage enthielt:
Es wurde innerhalb der Bundesregierung Einvernehmen erzielt, in dieser Legislaturperiode auf eine gesetzliche Regelung des Inverkehrbringens und der Nutzung von Kryptoprodukten und -verfahren zu verzichten, so dass es bei der uneingeschränkten Freiheit der Nutzer bei der Auswahl und dem Einsatz von Verschlüsselungssystemen bleibt. Die Bundesregierung wird die weitere Entwicklung auf dem Gebiet der Kryptografie vor allem im Kontext der europäischen und internationalen Zusammenarbeit aufmerksam verfolgen und ggfs. weitere Maßnahmen zur Umsetzung ihrer Ziele einleiten.
In den Eckpunkten der deutschen Kryptopolitik vom Juni 1999, wird festgestellt, dass
der Einsatz von kryptografischen Verfahren für die Kriminalprävention von erheblicher
Bedeutung ist, denn dadurch wird die Authentizität und Integrität des Datenverkehrs
wie der Schutz der Vertraulichkeit gewährleistet. Es wird auch ausgeführt, dass hierdurch
natürlich auch Straftäter begünstigt werden. Insgesamt werden die nachfolgendend
aufgeführten Punkte als Eckpunkte der Bundesregierung zur Kryptopolitik festgelegt:
Bereits 1998 kommt die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" zu diesen Einsichten. Insbesondere vertritt die Kommission die Auffassung:
"alle Maßnahmen und Hemmnisse, die einer breiten Nutzung von Verschlüsselungsverfahren entgegenwirken, vermieden und abgebaut werden müssen. Darüber hinaus sollte die breite Nutzung kryptografischer Verschlüsselungsmethoden aktiv unterstützt und gefördert werden. In diesem Zusammenhang sind Bund und Länder aufgefordert, geeignete Verschlüsselungsmethoden systematisch in ihrem elektronischen Datenverkehr einzusetzen."
An anderer Stelle, auch in 1998, macht die Kommission ihre Ansicht noch deutlicher, in dem sie ausführt: "... Eine Beschränkung des Gebrauchs von Verschlüsselungstechniken ist nach derzeitigem Erkenntnisstand daher abzulehnen."
Auch wenn der letzte Stand der Debatte eine breite Basis besitzt, so darf nicht übersehen werden, dass insbesondere die beiden Letzten der Eckpunkte die Wiederaufnahme der Diskussion offen lassen, so wird sogar eine Überprüfung nach zwei Jahren festgelegt. Für die internationale Zusammenarbeit wird der Schwerpunkt zwar auf den Einsatz von internationalen Standards und interoperablen Systeme gelegt, aber insgesamt werden alle Optionen offengehalten, um sich einer europäischen Gesamtlösung nicht in den Weg zu stellen.
Eine Reglementierung von Verschlüsselung und speziell die zwangsweise Hinterlegung von Schlüsseln hätte sich als stumpfe Waffe im Kampf gegen das organisierte Verbrechen erwiesen, Kriminelle bräuchten diese Art der Verschlüsselung gar nicht. Und nebenbei: Welcher Kriminelle würde sich davon abhalten lassen, Kryptografie zu verwenden, nur weil es verboten ist? Dagegen schwächt Kryptoreglementierung den nötigen Schutz der Kommunikation ehrlicher Unternehmen und Privatleute.
Gerade wegen der schrecklichen Taten vom 11. September 2001 in New York, ist es positiv zu werten, dass diese Ereignisse nicht zu einem Aufleben der Kryptografiedebatte geführt haben. (Im Gesetzentwurf des Terrorismusbekämpfungsgesetzes findet sich die Zeichenkette "krypto" nicht, vielmehr wird die Verschlüsselung zur Sicherung personenbezogener Daten eingesetzt.) Daraus kann geschlossen werden, dass die inhaltliche Diskussion zu diesem Thema als beendet betrachtet werden kann. Dies darf aber niemanden dazu verleiten, zu denken, dass das Thema auch abschließend behandelt worden ist, denn oftmals wechseln nur die Leute, aber die Argumente nicht. Angesichts des immer stärker zusammen wachsenden europäischen Wirtschaftsraumes ist eine Weiterführung der Diskussion, die in einer einheitlichen Regelung münden muss dringend erforderlich. Es ist wünschenswert, dass dabei die heutige - für Deutschland geltende - Regelung (nämlich keine Beschränkung) eine verlässliche Basis für ganz Europa (und mehr) werden wird.
Fußnoten:
[1] | Wird die geheime Botschaft zusätzlich (erlaubt oder unerlaubt) verschlüsselt, ist das Entdecken der geheimen Nachricht erheblich schwieriger, da die entstehende Bitfolge keinen offensichtlichen Zusammenhang ergibt. |
[2] | Der Begriff Datenschutz wird in dieser Ausarbeitung streng auf das Datenschutzgesetz eingeengt. Der allgemeine Schutz der Daten wird im Begriff der Datensicherheit subsummiert. |
Verweise | ||
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[Seitenanfang] | geändert: 01.12.2010 by hgm |
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