CHRONIK DER MARSCHALL INSELN



1000 v. Chr.

Auf einigen der insgesamt aus etwa 1.200 z.T. winzigsten Korallen-Inseln bestehenden Republik Marshall-Inseln im zentralen Pazifik nördlich des Äquators leben verschiedene Volksstämme, deren dunkelhäutige, (wahrscheinlich) ursprünglich aus Neuguinea stammende Vorfahren ab etwa 1300 v. Chr. per Kanu in die Inselwelt des Pazifiks vorstießen.

(Die Republik Marshall-Inseln nimmt eine Seefläche von etwa zwei Millionen Quadratkilometern ein, mit einer Nord-Süd- Ausdehnung von etwa 1.700 Kilometern und einer West-Ost-Ausdehnung von rund 2.400 Kilometern; die Landfläche beträgt jedoch nur rund 181 Quadratkilometer; damit ist die heutige Republik Marshall-Inseln der fünftkleinste Staat der Erde. Fast 80% der kleinen Eilande korallinen Ursprungs ragen nur einen Meter über den Meeresspiegel und versinken jährlich infolge des weltweiten Treibhauseffekts um weitere drei Millimeter im Wasser. Darüber hinaus wird die Inselwelt oft von Wirbelstürmen heimgesucht.)

1529

Einige Inseln der heutigen Pazifik-Republik Marshall-Inseln werden von dem spanischen Seefahrer Álvaro de Saavedra gesichtet, geraten jedoch wieder in Vergessenheit.

1788

Nachdem die Atolle der heutigen Republik Marshall-Inseln wiederholt von spanischen und britischen Seefahrern erreicht worden waren, beginnt der Brite John Marshall mit der Kartographierung der nach ihm benannten Inselwelt. (Heute sind die Marshall-Inseln in die zwei parallel liegenden Hauptgruppen „Ralik-Chain“ („Sonnenuntergangskette“/18 Atolle) und „Ratak-Chain“ („Sonnenaufgangskette“/16 Atolle) aufgegliedert; hinzu kommen im Nordwesten die Atolle Enewetak, Bikini und Rongelap)

Ab 1800

Britische Missionare bringen den christlichen Glauben auf die Inseln.

Ab 1860

Deutsche Kaufleute beginnen auf den Marshall-Inseln mit dem sehr lukrativen Handel von Kokosnußöl und Kopra (getrocknetes und zerkleinertes Mark der Kokosnuß).

1899

Das Deutsche Reich erklärt die eigentlich unter spanischer Hoheit stehenden Marshall-Inseln nach Unterzeichnung eines Schutzvertrages mit dem Häuptling des Jaluit-Atolls (Hauptatoll der Ralikkette) zum deutschen Protektoratsgebiet. (Im gleichen Jahr kaufen die Deutschen den Spaniern die westlich gelegenen Palau-, Karolinen- und Marianeninseln für 17 Millionen Goldmark ab.)

September 1914

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs werden die Marshall-Inseln von den Japanern besetzt.

1919

Die Marshall-Inseln werden im Auftrag des Völkerbundes japanisches Treuhandgebiet. Die Japaner betreiben neben der Produktion von Kokosnußöl und Kopra in den Gewässern im großen Stil Fischfang und beuten die wenigen Rohstoffe für ihre Industrie aus (Holz, Bausand, Korallenkalk).

1940

Die USA besetzen nach heftigen Kämpfen mit den Japanern die Marshall-Inseln.

1945

Nach der bedingungslosen Kapitulation der Japaner (15. August) werden die Marshall-Inseln Treuhandgebiet der Vereinten Nationen (UNO).

30. Juni 1946

Die USA führen auf dem Bikini-Atoll den ersten Atomversuch durch. Bis zum 1. März 1958 folgen 23 weitere auf Bikini und 43 auf Eniwetok. Während man die Bevölkerung von Bikini und Eniwetok (zwangs)evakuiert, werden die Bewohner der Nachbar-Inseln nicht bzw. zu spät umgesiedelt. Vor allem die Menschen auf dem rund 150 Kilometer östlich von Bikini gelegenen Atoll Rongelap erleiden erhebliche Strahlenschäden.

1947

Die Marshall-Inseln kommen als Treuhandgebiet der Vereinten Nationen offiziell unter die Verwaltung und den Schutz der USA.

1964

Der US-Militärstützpunkt auf dem Kwajalein-Atoll wird Testgebiet für Abfang- und Interkontinentalraketen. Die Bewohner des Atolls werden auf andere Inseln zwangsumgesiedelt.

1. Mai 1979

Die Marshall-Inseln erhalten innere Autonomie. Eine republikanische Verfassung wird verabschiedet. Die Legislative besteht aus dem zwölfköpfigen Rat der Häuptlinge (Council of Iroij) sowie dem direkt vom Volk für jeweils vier Jahre gewählten 33köpfigen Parlamt (Nitijela). Dieses wählt Amata Kabua zum Regierungschef.

1980

Das Eniwetok-Atoll wird entseucht und wieder bewohnbar gemacht. Die USA zahlen freiwillige Entschädigungs-Leistungen an die Strahlen-Opfer. Bis zum Jahr 2000 sollen rund 150 Millionen Dollar ausbezahlt werden.

3. November 1986

Die Marshall-Inseln erhalten im Rahmen eines freien Assoziierungsvertrags (Compact of Free Association) mit den USA die eingeschränkte Souveränität. Amata Kabua wird vom 33köpfigen Parlament zum Staatsoberhaupt gewählt. Seine Residenz befindet sich in Dalap-Uliga-Darrit auf dem Majuro-Atoll. (Mit etwa 30 Quadratkilometern Landfläche ist Majuro die größte Inselgruppe; hier lebt etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung.) Für die Verteidigung bleiben weiterhin die USA zuständig, die bis 2005 das Recht zur Nutzung der militärischen Anlagen haben und bis dahin dem Inselstaat jährlich 30 Millionen Dollar Entwicklungshilfe zahlen. Für das Raketengelände Kwajalein besteht ein Pachtvertrag bis zum Jahr 2035. Die USA verpflichten sich darüber hinaus zu weiteren umfangreichen Leistungen für Strahlen-Opfer.

22. Dezember 1990

Die Marshall-Inseln werden formell durch die Aufhebung des US-amerikanischen Treuhandabkommens durch die UNO endgültig unabhängig und zur Republik erklärt.

Amatu Kabua bleibt Staatsoberhaupt und Regierungschef.

1991

Die Republik Marshall-Inseln wird Mitglied der UNO.

1992

Amata Kabua wird als Staats- und Regierungschef der Republik Marshall-Inseln im Amt bestätigt. Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und zum Abbau der Staatsverschuldung will er mit Hilfe ausländischer Investoren u.a. den Tourismus (auf Majuro und auf Kwajalein gibt es bereits internationale Flughäfen) und die Fischerei ausbauen. Zudem soll das Schulsystem verbessert werden.

1993

Die Republik Marshall-Inseln unterzeichnet mit der VR China einen Wirtschaftsvertrag. Mit Unterstützung Chinas soll die Fischereiflotte von derzeit nur einem Dutzend auf 100 Schiffe aufgestockt werden. Darüber hinaus will man einen Industriepark aufbauen, mit einer Fisch- und Textilfabrik sowie je einem Betrieb zur Kokosnußverarbeitung und zur Herstellung von Fruchtsäften. Die Regierung der Pazifik-Republik erhofft sich dadurch größere wirtschaftliche Unabhängigkeit von den USA. (Bisher stammten fast drei Viertel der Staatseinnahmen aus US-amerikanischen Entwicklungshilfe- und Entschädigungsgeldern.)

1995

Das noch immer radioaktiv verseuchte Bikini-Atoll soll zur Müllhalde für radioaktives Material werden. Die USA wollen hierfür jährlich 50 Millionen Dollar zahlen. Umweltschützer kündigen Protestaktionen an.

Dezember 1996

Staatschef Amata Kabua stirbt.

14. Januar 1997

Imata Kabua, ein Vetter des im Dezember verstorbenen Amata Kabua, wird zum neuen Staatsoberhaupt und Regierungschef der Republik Marshall-Inseln gewählt. Er erklärt den Abbau der Auslandsverschuldung (derzeit rund 155 Millionen US-Dollar bei einer Gesamtbevölkerung von nur knapp 60.000) zu seinem Hauptziel. Da der kleine Inselstaat jedoch einen Großteil der für die rasch wachsende Bevölkerung nötigen Lebensmittel und nahezu die gesamten Konsumgüter einführen muß (die Importkosten sind fast viermal so hoch wie die Exporteinnahmen), wird er dieses Problem allerdings ebensowenig lösen können wie das langsame aber stetige Versinken der Atolle im Meer. (Wissenschaftlichen Berechnungen zufolge steigt der Meeresspiegel wegen Abschmelzung polarer Eismassen, herbeigeführt durch eine kontinuierliche Erwärmung der Erdatmosphäre, jährlich um etwa drei Millimeter. Da 80% der Marshall-Inseln jedoch nur etwa einen Meter über dem Meeresspiegel liegen, werden sie bis Mitte des 21. Jahrhunderts überflutet sein.)

1998

Nach umfangreichen Entseuchungsmaßnahmen ist das Bikini-Atoll (angeblich) frei von Radioaktivität und wieder bewohnbar. Ob die von den bereits zurückgekehrten Familienclans angebauten Feldfrüchte (Knollengewächse, Melonen, Tomaten) tatsächlich „clean“ sind, wurde bisher nicht näher untersucht (bzw. nicht veröffentlicht).

10. Januar 2000

Kessai H. Note, vom im November 1999 neugewählten, 33köpfigen Parlament zum neuen Staats- und Regierungschef der Republik Marshall-Inseln bestimmt, tritt die Nachfolge von Imata Kabua an.

1. Oktober 2000

Das 1988 im Einvernehmen mit den USA gegründete „Nuclear Claims Tribunal“ der Marshall-Inseln legt seinen Abschlußbericht über die insgesamt 67 zwischen dem 30. Juni 1946 und dem 18. August 1958 von den USA auf dem Bikini- und dem Eniwetok-Atoll durchgeführten Atomtests vor: Die Bevölkerung des Rongelap-Atolls, die man erst zwei Tage nach der Zündung der Wasserstoffbombe auf dem rund 150 Kilometer entfernten Bikini-Atoll durch die USA am 1. März 1954 evakuiert hatte, wurden einer 20mal höheren radioaktiven Strahlung ausgesetzt als bisher von US-Forschern angenommen. Allein eine am 1. März 1958 gezündete Bombe hatte eine Sprengkraft von fünfzehn Megatonnen herkömmlichen Sprengstoffs TNT und entsprach rund 1.000 Hiroshima-Bomben. Von den versprochenen 150 Millionen Dollar Entschädigung sollen die USA bislang erst knapp ein Drittel geleistet haben. Der Aufwand, das Rongelap-Atoll wieder bewohnbar zu machen, würde etwa 200 Millionen Dollar kosten.

27. Oktober 2000

In Bairiki, der Hauptstadt Kiribatis, geht die 31. Gipfelkonferenz des „Südpazifik-Forums“ zu Ende, das 1999 in „Pazifik-Insel-Forum“ (PIF) umbenannt wurde. Der 1971 als Basis für eine enge wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit der Südseegebiete von Australien, Neuseeland (mit den Cook-Inseln und Niue), Fidschi, (West-)Samoa, Papua-Neuguinea, Tonga und Nauru gegründeten Gemeinschaft gehören mittlerweile auch die Pazifikstaaten Kiribati, Marshallinseln, Mikronesien, Palau, Salomonen, Tuvalu und Vanuatu an. Hauptthemen der diesjährigen, drei Tage dauernden Konferenz waren die wachsenden politischen und ethnischen Spannungen und Konflikte in der Südpazifik-Region (Salomonen, Fidschi, Insel Bougainville), der Umweltschutz, der zunehmende Drogenhandel sowie eine Konkretisierung der im Vorjahr aufgestellten Pläne zur stufenweisen Schaffung einer Pazifischen Freihandelszone bis zum Jahr 2009.

31. Dezember 2000

Wie viele andere Klein-Staaten der Welt versucht auch der Pazifik-Inselstaat Marshall-Inseln seit Jahren durch den nahezu völligen Verzicht auf Direktsteuern Investoren „an Land zu ziehen“. Die OECD (Organization for Economic Co-operation an Development/Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; weltweit 29 Mitgliedstaaten) veröffentlichte nun in ihrem Jahresbericht eine schwarze Liste, in der mehreren dieser Steueroasen, darunter auch der Republik Marshall-Inseln, mangelnde Kooperation bei der Bekämpfung der Geldwäsche und/oder eine unlautere Steuerpolitik vorgeworfen wird. Darauf reagiert die Regierung in Dalap-Uliga-Darrit äußerst empfindlich und wirft ihrerseits den OECD-Industriestaaten vor, nur ihre eigenen Wirtschaftsinteressen im Auge zu haben.

29. März 2001

Vor der Ostseeküste Dänemarks rammt ein unter zypriotischer Flagge fahrender Frachter den Öltanker „Baltic Carrier“, der unter Flagge der pazifischen Marshall-Inseln fährt. Aus einem großen Loch in der Außenwand des erst ein Jahr alten Ölschiffs laufen über 2.700 Tonnen hochgiftiges Schweröl aus, wovon ein Teil die Küsten der dänischen Inseln erreicht. Rund 2.000 Seevögel verenden trotz des unermüdlichen Einsatzes zahlreicher freiwilliger Helfer.

Textquelle:

unbekannt



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