Biowaffen-Testgelände soll dekontaminiert werden
Die Vozrozhdeniye-Insel im Aralsee in Usbekistan war während Sowjetzeiten eine Open-air-Testanlage für Biowaffen. Hier wurden von 1936 bis 1991 waffenfähige Krankheitserreger freigesetzt. Unter den biologischen Waffen, die auf der Insel getestet wurden, waren der Anthraxbazillus (Bacillus anthracis), die Pest (Yersinia pestis), und die Tularämie (Francisella tularensis). Jeder dieser Krankheitserreger war gegen Umweltbelastungen und viele Antibiotica resistent. Während der bevorzugten Testzeit zwischen April und August befanden sich 800 Wissenschafter und Militärpersonen auf dem angrenzenden Festland in Aralsk, heute kasachisches Territorium. Heute ist die Insel von Militär bewacht.
Der Aralsee war einst der viertgrösste Inlandsee der Welt. Die Keime, die auf der Insel getestet wurden, erreichten damals das Festland angeblich nicht. Die Sowjets begannen jedoch in den 60er Jahren, die Wasserlieferanten des Aralsees, die grossen Flüsse Syr-darja und Amu-darja, zur Bewässerung riesiger Baumwollfelder umzuleiten. Der Wasserstand des Aralsees sank drastisch und beendete die frühere Isolation der verseuchten Vozrozhdeniye-Insel, die zu einer Halbinsel wurde. Die Bewässerung der Baumwollfelder in Usbekistan war nur in den ersten Jahren ein Erfolg. Bald war der Wüstenboden erschöpft, Pestizide und Austrocknung hinterliessen ein brachliegendes Land, was ernsthafte Gesundheitsprobleme für die Bevölkerung mit sich brachte.
Als nach 1988 das sowjetische Biowaffenprogramm offiziell beendet wurde, wurden Anthraxbazillen und andere Pathogene auf der Vozrozhdeniye-Insel vergraben. Die Anthraxsporen waren in Sverdlovsk gezüchtet und bei Irkutsk gelagert worden.
1992 lief Ken Alibek*, ein sowjetischer Biowaffenspezialist, zu den Amerikanern über. Der US-Geheimdienst konnte dann mit seinen Aufklärungssatelliten die Gruben, in denen die Sporen vergraben waren, genau orten. Erst 1993 verliess das russische Personal das chemische Forschungslaboratorium im Westen von Usbekistan, das eine neue Generation von hochtödlichen chemischen Waffen herstellte.
Nun hat die US-Regierung ein spezielles Pathogen Destruction Operation Team bereitgestellt, das auf der Insel im Aralsee die Dekontamination durchführen soll.
Quelle: Times of Central Asia vom 16.5.2002 Artikel 15: Zeit-Fragen Nr. 25 vom 17. 6. 2002
Ken Alibek/Stephen Handelman, Direktorium 15, Russlands Geheimpläne für den biologischen Krieg, München 1999, ISBN 3-4301-1031